Mittwoch, 29. April 2015

Mein Projekt

Heute möchte ich Allgemein über meine Erfahrungen und meinen Alltag als Englischlehrer in der Schule Vista Hermosa schreiben.

Für mich ist es interessant nach 13 Jahren Schule plötzlich selbst als Lehrer vor einer Klasse zu stehen. Ich habe bereits viel über die Arbeit als Lehrer gelernt und es macht inzwischen richtig viel Spaß!
Die ersten 1-2 Monate in der Schule waren nicht einfach, da ich noch nicht so gut Spanisch sprach, die Kollegen und Schüler erst kennenlernen musste und es herauszufinden galt, was im Unterricht machbar ist und welches Verhalten wann angebracht ist. Außerdem überraschte es mich, dass mir überhaupt keine Vorgaben zum Unterrichtsmaterial gemacht wurden. Das bedeutet sehr viel Freiheit. Heißt aber auch, dass man sich erst einmal gründlich damit beschäftigen muss was man den Kindern jetzt eigentlich beibringen möchte. Und später auch Anpassungen vornehmen wenn nötig.

Ich entscheide meist nach zwei Kriterien welche Themen ich behandle: Sinnhaftigkeit und wie einfach es ist ein Thema rüberzubringen. Den Vorschulkindern bringe ich beispielsweise Farben, Zahlen, Wochentage und ein paar Körperteile bei. Dabei muss man häufig wiederholen und nachsprechen lassen. Und natürlich viel spielen. Ihre Favouritenspiele sind das "Obstsalatspiel" oder "Ich sehe was was du nicht siehst". Bei der Spielewahl sollte man möglichst kreativ sein. Dabei hilft mir meine langjährige Jungschararbeit sehr. Der Informatikraum mit Beamer und viel Platz eignet sich um bei Liedern mitzutanzen. In beiden Gruppen unterstützen mich die Lehrerinnen wo sie nur können.

Ab der ersten Klasse habe ich in den letzten Wochen ausführlich die Körperteile auf Englisch besprochen. Außerdem habe ich in der 4., 5. und 6. Klasse eine Arbeit geschrieben und benotet. Als neues Thema möchte ich in diesen älteren Klassenstufen über Europa reden. Dazu soll sich jeder ein europäisches Land aussuchen und eine kurze Präsentation auf Englisch mit den Grundinformationen vorbereiten. Eine kurze Anmerkung zur Unterrichtssprache Englisch: Es wäre natürlich optimal ausschließlich Englisch mit den Schülern zu sprechen. Dabei lernt man eine Sprache am schnellsten. Allerdings würde niemand meine Anweisungen und Erklärungen verstehen. Und das ist dann sehr mühsam. Auch habe ich inzwischen eingesehen, dass es nicht meine Stärke ist, grammatische Regeln zu erklären. Das überlasse ich lieber der studierten Englischlehrerin.

Zu den drei größten Herausforderungen als Lehrer sehe ich den Unterricht spannend zu gestalten, Störenfriede ruhig zu stellen und den individuellen Leistungsniveaus der Schüler gerecht zu werden. Vor allem letzter Punkt wird niemals zufriedenstellend erreicht sein. Das ist eigentlich sehr traurig, da in jeder Klasse ein paar sehr kluge Kinder sitzen.

Aber was genau macht mir jetzt bei der Arbeit in der Schule Vista Hermosa nun so viel Spaß? Das liegt zum einen daran, dass die Kollegen und Schüler mich als vollwertigen Lehrer sehen. Sie respektieren mich und vertrauen mir. Außerdem sind die Lehrer super nett zu mir und die Direktorin ist ein toller Mensch. Zum anderen sind die Kinder immer so unglaublich fröhlich gelaunt! Montags kommen mehrere Vorschulkinder zu einem und erzählen alle gleichzeitig was sie am Wochenende gemacht haben. Andere rennen einfach auf einen zu und umarmen einen. Wieder andere schenken einem selbstgemalte Bilder. Und sobald die Kinder und ich um 12:00 Uhr die Schule verlassen rufen etwa 15 davon "Goodbye Henrik". Das sind alles so Kleinigkeiten die einen am nächsten Tag gerne wieder diesen Ort aufsuchen lassen.

Noch zwei Dinge am Rande:
Unser Stadtteil Vista Hermosa ist Fußball Champion in unserer Provinz Coclé! Letzten Freitag siegte die 5. Klasse in einem Turnier. Nun werden sie bald für eine Woche in die Hauptstadt reisen und die Provinz bei einem nationalem Turnier vertreten. Wenn sie dort gewinnen werden sie Panama international vertreten. Mal sehen ob's soweit kommt! Ich wünsche es ihnen auf jeden Fall sehr. Aber schon jetzt ist es eine tolle Sache. Zum einen da sie als so kleiner Stadtteil so erfolgreich sind. Zum anderen weil die meisten aus armen Verhältnissen kommen und nun für eine Woche reisen und im Hotel leben.
Letztens haben wir in Vista Hermosa einen Zensus durchgeführt. Ziel war es alle Kinder zwischen 4 und 5 Jahren zu notieren, damit sie nächstes Jahr zur Einschulung eingeladen werden und um besser planen zu können. Dazu muss man sagen, dass in Panama zwar eine Schulpflicht existiert, aber wie bei so vielen Gesetzten hier wird es nicht kontrolliert. Glücklicherweise schicken die allermeisten Eltern ihre Kinder trotzdem zur Schule. Im speziellen lief es dann so ab, dass sich immer Lehrergrüppchen von drei Personen auf den Weg gemacht haben um in jedem Haus nachzufragen ob dort Kinder in diesem Alter wohnen. Meistens war die Antwort Nein. Ein Vater begründete es noch etwas "Das Gerät zum Kinder machen funktioniert schon nicht mehr".

So sehr mir mein Projekt auch Spaß macht, wird mir während der Lehrertätigkeit auch klar, dass ich diesen Beruf nicht mein Leben lang ausüben möchte. Als Lehrer ist man nämlich auch ein Stück weit Unterhalter. Und das ist eine Rolle die nicht zu mir passt und die ich auf Dauer anstrengend finde.